Jetzt beginnt wieder die Saison, die Saison der Plein-Air-Maler. Es soll ja so schön sein im Freien zu malen.
Ich schleppe das halbe Atelier an Material mit. Komme keuchend und schwitzend an einem Platz an, der nicht ein Fitzelchen von Schatten bietet oder lande frierend, aber hoffentlich wenigstens halbwegs windgeschützt hinter einer Mauer, die nicht einmal einem Hasen Schutz vor dem pfeifenden Wind gewähren würde.
Schon beim Auspacken der Malsachen fällt die Flasche um und ich habe Mühe, das Papier vor dem auslaufenden Wasser zu retten. Wasser ist jetzt Mangelware. Entweder spare ich damit oder ich packe wieder alles ein und versuche irgendwo Wasser aufzutreiben. Ich entscheide mich für’s Sparen.
Jetzt suche ich mein Motiv. Mir ist zwar schon etwas aufgefallen, deshalb bin ich ja hier stehen geblieben, aber jetzt erscheint mir der Blick nicht mehr so malerisch. Ich gehe ein paar Schritte nach links nach rechts, nach vorne. Es nützt nichts.
Mittlerweile sticht die Sonne so, dass ich mich nach einem kühlen Plätzchen umsehe und mir der Blick von da fast egal ist. Ich ziehe ein paar Meter weiter in eine kleine Gasse. Da ich schon einiges ausgepackt hatte und ich es nicht wieder einpacken will für die paar Meter, muss ich gefühlte zehn Mal gehen. Sofort stelle ich den Klappsessel auf und lasse mich hinein fallen. Durst! Ich trinke das restliche Wasser.
Auch hier ist es nicht optimal, aber ein weiterer Umzug kommt nicht in Frage.
Das war’s dann. In Ermangelung von Material, muss ich den Malausflug abbrechen. Gerade als ich mich wieder ans Einpacken machen will, bemerke ich, dass mein vorheriger Malplatz fast direkt neben einem Brunnen liegt. Und wie ich so dasitze, erscheint mir der Blick auf den Brunnen auch sehr reizvoll. Ich entschließe mich, doch zu bleiben.
Endlich habe ich alles aufgestellt und zum Malen geordnet, da sind auch schon die ersten Besucher da. Ich habe nichts gegen schweigende Zuschauer, obwohl sie mich vor Beginn eines Bildes eher behindern. Gesprächen versuche ich durch einsilbiger Unhöflichkeit aus dem Weg zu gehen.
Ich beginne zu malen. Von Spontanität kann keine Rede sein. Schon bei den ersten Strichen merke ich, das ist heute nicht mein Tag. Aber wenn ich schon mal hier bin, mache ich weiter. Zur Sicherheit wird aber alles fotografiert.
Die Farbe trocknet zu schnell während des Malens und zu langsam in den Trocknungsphasen. Nichts passt! Ich scheitere kläglich an einem nicht zu komplizierten Motiv. Frustriert packe ich ein, versuche das aber den Zuschauern, die mir zum Teil mitleidige Blicke zuwerfen, nicht merken zu lassen unter dem Motto „Was verstehen denn die von Kunst!“ und mach mich vom Acker.
Nie wieder im Freien malen!
Aber wenn ich dann in einem Weingarten an meiner Staffelei stehe, der warme Sommerwind über die Blätter streicht und die Schatten auf meinem weißen Blatt Papier tanzen, dann bin ich glücklich.
Dieser Artikel erschien im Newsletter im Juni 2014. Seit 2015 erstelle ich keinen mehr. Ich werde aber immer wieder Artikel daraus hier veröffentlichen. Das Aquarell stammt aus 2013 und wurde im Freien gemalt.
Oh, Danke für diesen Artikel! Im Modedesignstudium wurden wir als „Bonbon“ die letzte Zeichenstunde vor den Ferien immer vor die Tür genötigt – Schule lag ja malerisch an einem Kanal an dem wir uns dann ohne(!) Staffelei niederlassen durften – direkt am Wasser Mücken und im Gras die Zecken. Und in der Gruppe mal ist sowieso nicht meins, draußen mal war aber noch schlimmer. Wobei ich in meinem Garten gern male und zeichne – da kann ich aber auch alles holen, was fehlt
Das kann ich gut nachvollziehen. Wenn ich in einer Gruppe male, dann in einer eher kleinen und mit guten Freunden. Da macht es mir dann auch Spaß. Lg Gabi
Hallo Gabi, schön, wenn andere auch so ihre Zweifel am „in-der-Natur-Malen“ haben. Obwohl das doch das schönste überhaupt ist. Ich zweifle schon an mir, weil das nicht unbedingt das aller erstrebenswerteste in meiner Malerei ist. Die Kommentare der Zuschauer sind verzichtbar und wie Du schon schreibst – es trocknet entweder zu schnell oder zu langsam. Ich lobe meine Kamera, die mein steter Begleiter ist und der Malplatz in unserem Haus, da geht kein Wind und ich kann es liegen lassen, so lange ich will. Und wenn von fehlenden Eindrücken gesprochen wird, weil man ja nicht persönlich vor Ort ist, so kann ich nur sagen: das Foto habe ich selber gemacht und die Empfindungen von der Situation kann ich jederzeit wieder abrufen. Dein Artikel spricht mir jedenfalls aus der Seele. Und das Bild von diesem Wasserrohr ist einfach toll. Das ist mit so viel Raffinesse gemalt, dass mir die Luft wegbleibt. Dabei ist es doch nur ein banales Motiv. Klasse!!!! LG Maria
Ich denke, beim Malen im Freien kann man sehr gut Gelerntes abrufen. Lernen, experimentieren und ausprobieren kann man am besten im Atelier. So hat beides seine Berechtigung. Lg Gabi
Liebe Gabi, es ist schön auch so etwas von dir zu hören.immer wieder gerne.gruß wilma
Vielen Dank. Lg Gabi
Danke für diesen Artikel. Ich kann das so gut nachvollziehen und fühlen. Lg Cleo
Es ist ein Trost zu hören, dass es nicht nur mir so geht. Lg Gabi
Ganz reizend deine kleine Geschichte und dein Bild kann sich tatsächlich sehen lassen. Sehr hübsch. Viel Freude weiterhin von auch einer Besessenen 🙂
Vielen lieben Dank, für deine immer wieder sehr einfühlsamen Kommentare. Lg Gabi
Hallo Gabi, schön, dass du jetzt wieder Artikel veröffentlichst. Das meinte ich mit vielleicht einem Fernlehrgang mit vielen Hinweisen, denn daraus kann man immer etwas lernen. Schön wären auch mal Beispiele zum Farbenmischen. LG Uschi aus Riesa
Liebe Ursula, das mach ich gerne. Ich werde auch schauen, was es zu diesem Thema gibt. Lg Gabi
Ein tolles luftiges Aquarell und der Artikel einzigartig ! GLG Margot
Vielen Dank. Lg Gabi